Diesen Text als pdf

Prof. Dr. Kurt Singer

Wenn Schule krank macht
Wie macht sie gesund und lernbereit?

Beltz Taschenbuch, Weinheim 2000, 256 Seiten, € 11,00

Zur Thematik des Buches

Seit Jahrzehnten geht das Schlagwort um: „Schule macht krank!“ Ohne Scham registrieren wir Berichte über schul-bedingte psychosomatische Störungen, als gingen sie uns nichts an. Die jungen Menschen spüren am eigenen Leib, wenn sie von Lehrern gekränkt werden, und dass Kränkung krank machen kann. Manchen liegen Demütigungen wie ein Stein im Magen – deshalb bekommen sie Magenschmerzen. Bei anderen löst die Furcht vor Versagen Bauch-Angst aus: sie klagen über Leibschmerzen und Übelkeit. Wieder andere spannt der Leistungsdruck so an, dass sie Spannungs-Kopfschmerz überfällt. Prüfungsdruck, furcht-erregende Zensurengebung, Erniedrigung durch gnadenlose Bloßstellung, taktloses Lehrerverhalten: das seelische Leid kann nicht nur zu psychischem, sondern auch zu körperlichem Schmerz führen.

Schule kann aber auch gesund machen, wenn sie jene Merkmale stärkt, die gesund erhalten: eine halt-gebende Lehrer-Schüler-Beziehung, Selbstvertrauen und Mut, wenn die Individualität der Kinder berücksichtigt wird, der Unterricht Eigenaktivität ermöglicht, wenn Schüler Freude an der Arbeit erleben, in einer heiteren Stimmung lernen dürfen, ihr Selbstwertgefühl gestärkt wird. Der Unterricht fördert das Gesundsein, indem er Leistungsglück erfahren lässt.

Viele Eltern, Schüler und Lehrer stumpfen ab gegen schulisches Leid, auch gegenüber dem eigenen. Sie beschwichtigen, wenn Lehrer Kinder seelisch verletzen: „Das sind ja nur Einzelfälle.“ Auch in jenen Fällen schweigen sie, in denen psychisch kranke Lehrer Kinder krank machen.

Der Autor fordert dazu heraus, Mitleid gegenüber seelisch verletzen Kindern zu spüren und das Mitleid in Hilfsbereitschaft zu verwandeln. Er möchte nicht belehren, sondern berühren und dazu ermutigen, das Tabu verletzenden Lehrerverhaltens und krank-machender Schulumstände zu brechen: sich schützend vor die Kinder zu stellen und mit sozialem Mut für eine menschlichere Schule einzutreten.

Inhalt

Schulnöte kränken leib-haftig
Gestörte Beziehung – gestörtes Lernen – psychosomatische Not-Signale

Bei Martin geht es vor Blamage-Angst „in die Hose“ • Mutter und Lehrerin „heilen“ das Einnässen • Mitleid – seelische Entspannung nimmt den Druck von der Blase • Keine Ausnahme machen? – Wahrnehmen und sich verständigen • Seelische Verletzungen spüren Kinder am eigenen Leib • Versagensangst wird zu Bauch-Angst – Ein guter Schüler • Andreas: „Ich hab’ keine Angst, sondern Bauchweh“ • Das zurückgewiesene Gefühl rumort im Körper • Nachdenken über seelisch-leibliche Zusammenhänge • Gerhards Magenschmerzen – Folge der Schwarzen Pädagogik • Härte der Auslese – Inhumanität der Schulbehörde • Pädagogische Anregungen – Was können Eltern, Lehrerinnen und Lehrer bedenken?

Schulangst – ein gesundheitliches Risiko
Furcht zerstört das Selbstvertrauen – Ermutigen statt Ängstigen

Benjamins Ausfrage-Tag: „Die Schule ist ein Psychokrieg“ • Sadismus-Tag: Abfrage-Folter des Herrn Falkenstein • Weshalb kein Berufsverbot für Mathematiklehrer F.? • „Die Noten fallen über mich her“ – Zerstörte seelische Energie • Worte verletzen, Worte töten – Erniedrigung durch den Lehrer • Unrecht aufzeigen und benennen – Worte heilen, sich verständigen • „Engegefühl in der Herzgegend“: Welche Angst beengt Alex? • Demütigungen drücken aufs Herz – Die Last des Überfordert-Seins • Seelische Hilfe heilt körperlichen Schmerz – Therapeutisches Gespräch • Furcht vor Prüfungen und Lehrern – lebenslang? • Angst als Signal – Thomas: „Ich brauch’ die Angst“ • Eigene Gedanken und Fragen zu Schulängsten • Eine Lehrerin erkundet die Angst – und lässt sich von Eltern beurteilen • Pädagogische Leitgedanken: Angst nehmen – Mut machen

Seelisches Leid wird zu körperlichem Schmerz
Schulbedingte psychosomatische Krisen

Christians Verzweiflung „schlägt ihm auf den Magen“ • Seelische Not verkrampft den Magen – Schleimhautentzündung • Psychotherapie und eine pädagogische Schule machen gesund • „Kinderköpfe im Schraubstock“ – Unterricht kann im Kopf wehtun • Aus elterlichem und schulischem Leistungs-Druck wird Kopf-Druck • „Gut-sein-Müssen“ führt zu Dauergespanntheit – Frederiks Anpassung • Spannungs-Kopfschmerz – Reaktion auf Überforderung • Unterdrückte Spontaneität im Nägelbeißen und Zähneknirschen • Kinder sind bewertete Menschen – „Bin ich gut oder schlecht“? • Nachdenken über persönliche Berührungspunkte

Psychisch kranke Lehrer machen Kinder krank
Ein Lehrerschicksal wird zum Schülerschicksal

Lehrer A.: Destruktive Aggression – Wiederinszenierung eigener Not • Seelischer Sadismus: Die Unfähigkeit zu fühlen macht Kinder leiden • Pädagogik der Unterwerfung – Schülern wird Hilfe staatlich verweigert • Der autoritäre Charakter – Macht-Ungleichheit Lehrer–Schüler • Auch „beiläufige“ Kränkungen machen krank – und wirken lange nach • Elternmut: Rütteln am Tabu destruktiven Lehrerverhaltens • Angewandte Ethik im Schulalltag? – Sympathie • Sich einmischen oder wegschauen? – Fragen an Eltern

Für unterdrückte Schulkinder eintreten
Sympathie und Mitleid – Befreiung von krank machender Lehrerin

Der Unterricht raubt Conrad Schlaf, Gesundheit und Lernfreude • Die Würde des Schülers: von der Lehrerin ungestraft verletzt • Pädagogen, Psychologen und Behörden stellen sich gegen Kinder • Zu selten halten Eltern zu ihrem Kind – Mitleid als moralische Kraft • Ein Brief für Humanität und pädagogische Vernunft • Der Wechsel zu einer einfühlsamen Lehrerin hilft • Das Nägelbeißen verschwand? – Menschliche Pädagogik heilt • Kinderpolitische Forderungen für Schülerinnen und Schüler

Schule kann Kinder gesund machen
Heilende Kräfte in der Lehrer-Schüler-Beziehung

Lehrer S. „heilt“ ein bettnässendes Kind: Stefan • Schule ist nicht Therapie – Aber humane Pädagogik wirkt therapeutisch • Die „helfende Beziehung“ im Unterricht – eine heilende Kraft • Eva-Marias Genesung von einer Gastritis – Identifikation • Durch offenen Unterricht gesünder werden – Eine Untersuchung dazu • Selbst-bestimmt, selbst-tätig, in Freude und miteinander lernen • Pflegt die Schule Symptome? – Kinder arbeiten sich frei • Aktive Schule: Ort des Handelns und der Ermutigung • „Verstockt und schüchtern“ – Schock am ersten Schultag • Eine gefühlsabgespaltene Lehrerin macht Werner sprachlos • Lehrer Z. „löst dem Jungen die Zunge“ – Lernen dürfen • Lernen hält gesund – Unterricht als geistig-seelischer Gesundheitsschutz • Persönliche Überlegungen zu „Schulleben und Gesundheit“

Was die seelisch-körperliche Gesundheit schützt
Lebendiger Unterricht – Lernbereitschaft – Lernerfolg

Welche Persönlichkeitsmerkmale erhalten Seele und Körper gesund? • Heitere Stimmung verhindert Krankwerden – Stimmt die Schule heiter? • Sichere Beziehung: „Ich war für Tage glücklich und befeuert“ • Dazugehören: Schülersprechstunde und andere Aufmerksamkeiten • Erfahrungen und Überlegungen – Anregung zur Selbstreflexion • Eigen-Bewegung und gesunde Aggression – Bewegungs-Freiheit • Kreativität in die Schule – Ein künstlerisches Projekt • Zugang zu eigenen Stärken macht Mut – Gewalt heilende Kräfte • Spontaneität: „Edi beim Beichten“ – Zufriedenheit mit dem Geleisteten • Freude – Hingebungsvoll tätig sein • Das Glücksgefühl nach gut getaner Arbeit • Hoffnung auf Erfolg – Sicheres Selbstgefühl macht zuversichtlich • Wer sein Leben beeinflussen kann, wird seltener krank • Selbst-Bewusstsein – Kinder mitgestalten lassen • Eigene Beobachtungen – Innehalten und Nachdenken

Ohne Noten lieber lernen und mehr leisten
Kinder individuell fördern statt zensieren

Lehrer wollen Noten – Ist die Schule „sitzen geblieben“? • Zensieren: Pädagogische Verantwortung verweigern • Ziffernnoten stören das Lernen – Die ungerechte Gerechtigkeit • „Aufkündigung der Freundschaft“ – Die Lernmotivation wird verfälscht • Pädagogische und unpädagogische Antwort auf Steffi: „Hund gebissen!“ • Unmoral des Benotens: Organisierte Demütigung der Schwachen • Subjektive pädagogische Stellungnahme: Lernanregung, Lernerfolg • Schüler leisten ohne Noten nicht weniger – Recht auf Individualität • Lernberichte: Information, Ermutigung, Kritik und Beratung • Zum persönlichen Erleben: Bin ich selbst Opfer der Ziffernbewertung?

Was Eltern und Lehrer von Kindern erwarten
Die dem Kind auferlegte Rolle – Erwartungen als Lernanreiz

“Der Junge könnte mehr leisten“ – Im Netz elterlicher Erwartungen • Optimistische Lehrer – Erwartete Tüchtigkeit macht tüchtiger • „Mein Vater baute mir die Hölle“ – Lernabneigung durch Zwang • Sich-selbst-erfüllende Prophezeiung – Bekommt Kassandra recht? • Nachdenken über Erwartungen als Eltern, Lehrerinnen und Lehrer • Erwartungs-Fantasien: „Er muss so werden wie ich“ • Erreichen, was ich nicht geschafft habe – Die Zither im Weiher versenkt • Krank durch Erwartungs-Druck: Siegharts Sportler-Karriere • Ermutigende Erwartung als pädagogisches Gebot

Schule kann auch Lehrer krank machen
Seelische Belastung durch Schüler und Vorgesetzte

“Der Schulratsbesuch macht mich noch ganz krank“ – Gastritis • Die Autoritätsangst liegt einer Lehrerin im Magen – Die Angst wird zur Kraft • Einem Lehrer verschlägt es die Sprache – Furcht vor den Schülern • Die Stimme, Ausdrucksgebärde der Seele – Konfliktspannungen lösen • Die Zeichen des Körpers wahrnehmen – Herzjagen • Funktionieren oder Konflikte riskieren – Hilfen aus der Gruppe • Mit Kindern gut leben – Selbstwahrnehmung als Beginn der Veränderung

nach oben zur Startseite  Diesen Text als pdf